Dafür habe ich jetzt keine Zeit! - Zeitmangel und Zeitplanung

In beruflichen Fortbildungsprogrammen ist das Thema »Zeitmanagement« mittlerweile Dauerthema. Das Leben besteht aber nicht nur aus Berufszeit und Freizeit, sondern auch aus Familienzeit, Haushaltszeit, Sorge-um-die kranke-Nachbarin-Zeit, Nur-für-mich-Zeit und noch vieles mehr.

»Eigene« und »fremde« Zeitdiebe aufspüren

Der KDFB (Kath. Deutscher Frauenbund) in Eichstätt hat Frauen eingeladen, sich mit dem Thema Zeitplanung auseinander zu setzen.
Anhand verschiedener Methoden aus der Erwachsenenbildung sollen die Teilnehmerinnen eine bestimmte Abfolge von Schritten kennen lernen, die ihnen helfen, das leidige Zeitthema zu einer spannenden Arbeit an sich selbst zu machen.
Bevor die Frauen loslegen, etwas zu verändern, brauchen sie Klarheit, wie ihre Situation gerade ist, deshalb wird am Anfang eine Bestandsaufnahme anhand einer objektiven Tagesliste stehen, in der alle anfallenden Aufgaben, der entsprechende Zeitaufwand für deren Erledigung und auf gekommene Störungen festgehalten werden. Mit so manchem Aha-Effekt können die Teilnehmerinnen dann feststellen, wofür sie am meisten Zeit benötigten, und sich fragen, ob der jeweilige Zeitaufwand gerechtfertigt war, ob sie die richtige Arbeit zum richtigen Zeitpunkt erledigten, wo »eigene« und »fremde« Zeitdiebe stecken, wie sie mit Unterbrechungen umgehen und wie viel Zeit sie für Aufgaben benötigen, die sie hätten delegieren können. Nur so können sie Stärken und Schwächen im Umgang mit ihrer Zeit erkennen und passende »Gegenmaßnahmen« ergreifen. Für ein effektives Selbstmanagement ist es beispielsweise sehr wichtig, die Unterbrechungen im Arbeitsprozess zu minimieren (Rückruf bei Telefonaten anbieten) oder nur in einem zeitlich begrenzten Raum zuzulassen (Zeit und Termine absprechen). Dazu gehört auch, zur rechten Zeit »Nein« zu sagen, um so Zeit und Muße für das Wesentliche zu gewinnen.

Zielerfassung: »Idee des Eigenen« und »meine Visionen«

Im nächsten Schritt sollen die Teilnehmerinnen klären, wie es für sie zukünftig sein soll, deshalb hat jede in einer so genannten Soll-Erfassung, die für sie wesentlichen Nah- und Fernziele zu erforschen und zu formulieren, um darauf eine persönliche Zeitplanung aufbauen zu können. Eigene Ziele zu haben, macht es ihnen leichter in einer Gesellschaft und in einer Familie voller Außenanforderungen, die »Idee des Eigenen« und »meine Visionen« nicht aus den Augen zu verlieren. Wenn sie genau wissen, wofür sie die Zeit verwenden wollen, bringt sie das zu den Zielen — ihres Lebens, für bestimmte Bereiche in ihrem Leben oder Lebensabschnitt, für den nächsten Tag.

»Als sie ihr Ziel aus den Augen verloren, verdoppelten sie ihre Anstrengung«, dieser Ausspruch Marc Twains zeigt, dass Ziele den Weg weisen, gute Zielformulierungen helfen, notwendige Entscheidungen treffen zu können. Damit Ziele auch als Messgröße für die Zielerreichung verfolgt werden können, sollen die Teilnehmerinnen ihre Ziele konkret, messbar, erreichbar, positiv und in der Situation ihrer Vollendung schriftlich festhalten.

Planen des Weges vom »Ist« zum »Soll«

Im letzten Kursabschnitt geht es für die Frauen dann ums Planen ihres Weges vom »Ist« zum »Soll«, ums Entscheiden, um die Realisierung und um die Kontrolle dessen, was sie an Maßnahmen in die Wege leiten wollen. Hierzu lernen sie die A.L.P.E.N-Methode kennen, die ihnen helfen kann, die richtigen Dinge zum richtigen Zeitpunkt zu planen:

A         Alle Aufgaben des nächsten Tages schriftlich auflisten, auch die privaten Aktivitäten und Verpflichtungen, damit ich am Anfang des Tages konkret weiß, was ich am Ende des Tages in welcher Reihenfolge zu erledigen habe. Damit wird nicht nur der Überblick gewahrt, sondern die Aufgaben bekommen einen größeren Verbindlichkeitscharakter. Gleichzeitig ist dies ein Motivationsfaktor, »Erledigtes« durchstreichen und »Fertiges« sichtbar festhalten zu können.

L         Länge der Aktivitäten schätzen und festhalten, auch die der Pausen und Entspannungszeiten

P         Pufferzeiten müssen auf jeden Fall mit eingeplant werden: Nicht mehr als 60 % der verfügbaren Zeit sollten fest verplant werden, dann stehen die verbleibenden 40% als Reserve mit ca. 20 % für Störungen und Aufgaben, die länger als geplant dauern, und ca. 20 % für spontane und soziale Aktivitäten zur Verfügung.

E         Entscheidung über Prioritäten treffen, d. h. Rangfolge festlegen, welche Aufgaben sofort zu erledigen sind, welche terminiert sind und welche delegiert werden können. Leistungshochs im Biorhythmus gezielt einsetzen und am Vormittag die wesentlichen, dringenden Aufgaben und am Nachmittag die wichtigen Aufgaben erledigen.

N         Nachkontrolle, ob die tatsächliche Zeiteinteilung des vergangenen Tages mit der Planung übereinstimmte und worin etwaige Abweichungen begründet waren. So wird sich das eigene Zeitgefühl ständig verbessern.

Tendenziell wird die Zufriedenheit eines Menschen größer, wenn er das Gefühl hat, seine Zeit selbst zu steuern. Frau Berger weiß nur zu genau, dass sie nur selbst für sich mehr Zeit erkämpfen kann. Sie gibt sich immer wieder zu bedenken: Ich kann jeden Tag neu anfangen. Und sie setzt für jeden gelungenen Tag eine kleine Belohnung aus. Natürlich rechnet sie auch mit Rückschlägen, denen wird sie jedoch ein »Jetzt erst recht!« entgegensetzen. Nach dem Zeitseminar ist sie überzeugt: Mehr Zeitautonomie bringt nicht nur mehr Freiheit und mehr Spielräume, sondern auch mehr Muße, mehr Zeit, mit allen Sinnen zu erleben, mehr Lust und Spaß an allen Aktivitäten, ganz gleich ob im Beruf, Familie, Ehrenamt oder Freizeit.

Christel Schoen